Kurze Einleitung in den Kontext

Jesus hat am Abend des Passahfestes gerade noch im Garten Gethsemane gebetet, da wird er von Judas verraten und von der Tempelwache gefangen genommen.

Wir lesen bei Lukas, Kap. 22, Verse 54-62:
Sie ergriffen ihn aber und führten ihn ab und brachten ihn in das Haus des Hohenpriesters. Petrus aber folgte von ferne. Da zündeten sie ein Feuer an mitten im Hof und setzten sich zusammen; und Petrus setzte sich mitten unter sie. Da sah ihn eine Magd im Licht sitzen und sah ihn genau an und sprach: Dieser war auch mit ihm. Er aber leugnete und sprach: Frau, ich kenne ihn nicht. Und nach einer kleinen Weile sah ihn ein anderer und sprach: Du bist auch einer von denen. Petrus aber sprach: Mensch, ich bin’s nicht. Und nach einer Weile, etwa nach einer Stunde, bekräftigte es ein anderer und sprach: Wahrhaftig, dieser war auch mit ihm; denn er ist auch ein Galiläer. Petrus aber sprach: Mensch, ich weiß nicht, was du sagst. Und alsbald, während er noch redete, krähte der Hahn. Und der Herr wandte sich und sah Petrus an. Und Petrus gedachte an des Herrn Wort, wie er zu ihm gesagt hatte: Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.

Simon Petrus steht mit beiden Beinen mitten im Leben, er ist ein Fischer vom See Genezareth – ich stelle ihn mir von kräftiger Statur und wettergegerbt vor. Er wird zusammen mit seinem Bruder einer der ersten Jünger Jesu und erhält den Beinahmen „Petrus“, was „Stein“ oder „Fels“ bedeutet und als Auszeichnung gedacht ist – auf ihn kann Jesus bauen.

Er ist der Erstgenannte unter den Jüngern und nimmt unter ihnen eine besondere Rolle ein. Gott hat Großes mit ihm vor, wie uns Matthäus im 16. Kapitel wissen lässt: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen“ (Matthäus 16,18).

Zu Jesus bekennt er sich leidenschaftlich – er fühlt sich stark und will Jesus notfalls mit seinem eignen Leben verteidigen.

In der Nacht, als Jesus verraten wurde, wagt er sich als einziger der Jünger zum Haus des Hohenpriesters vor. Sein Herz schlägt ihm sicherlich bis zum Hals, als er dort im Hof am Feuer sitzt und sorgenvoll wartet, was mit Jesus passiert. Wir lesen im weiteren Verlauf, dass die Männer, die Jesus gefangen nahmen, diesen im Hof verspotten und schlagen. Simon Petrus sieht und hört das sicherlich. Er spürt die aufgeheizte Stimmung, sieht, wie sich die Männer gegenseitig anstacheln. Aber er läuft nicht davon – er will seinem Herrn und Freund nahe sein, ihm beistehen.

Doch als eine Frau Simon Petrus direkt anspricht, übermannt ihn die Angst. Jetzt gehen die inneren Alarmglocken los – was passiert mit mir, wenn sie mich erkennen? Werden sie mich auch gefangen nehmen? Werden sie mich auch schlagen oder gar Schlimmeres mit mir anstellen?

Die Angst um sein Leben ist stärker als sein Bekenntnis zu Jesus. So wie Jesus es ihm vorausgesagt hat, verleugnet Simon Petrus in dieser Nacht seinen Herrn und Meister dreimal, indem er vorgibt, ihn nicht zu kennen und nicht zu seinem Gefolge zu gehören.

Erst als der Hahn kräht und Jesus zu Simon Petrus direkt hinüber sieht, erinnert der sich an Jesu Prophezeiung.

Wie muss er sich dabei gefühlt haben?

Er, der Erstgenannte unter den Jüngern, wird zum Lügner und verrät sich und seine Beziehung zu Jesus mit einem Wimpernschlag!

Wie hätte ich mich in dieser Situation verhalten? Wäre ich Jesus heimlich gefolgt? Hätte ich mich an das Feuer gewagt, wo auch die Menschen saßen, die Jesus abgeführt hatten? Hätte ich so viel Mut aufgebracht?
Und dann wird es richtig gefährlich: Ich werde als Jesu zugehörig erkannt. Jetzt ist auch mein Leben in Gefahr – hätte ich ihn nicht auch verleugnet?

Schauen wir zurück auf das, was vor Jesu Gefangennahme geschehen ist:

In dem Bewusstsein, dass Simon Petrus Jesus später in der Nacht im Hof des Hohenpriesters verleugnen würde, hatte Jesus zuvor für Simon Petrus gebetet, dass dessen Glaube nicht aufhöre (Lukas 22, 32).

Obwohl Jesus also weiß, dass Simon Petrus ihn verleugnen wird, lässt er ihn nicht fallen, wendet sich nicht von ihm ab.

Und genau das wird Petrus mit dem Hahnenschrei und dem Blick Jesu klar. Jetzt muss er sich eingestehen, dass er seinen Freund im Stich gelassen, dass er sich und seinen Glauben überschätzt hat, dass er schwach ist, dass er versagt hat. Er wollte Jesus doch beschützen! Notfalls mit seinem Leben! Jetzt weint er bitterlich vor Scham und Trauer. Simon Petrus erkennt seine Unzulänglichkeit und bereut zutiefst.

Was bedeutet das nun für uns?

Selbst die stärksten Menschen können scheitern, auch die, von denen es niemand gedacht hätte, am wenigsten sie selbst. Kein Mensch kann sich darauf verlassen, dass seine Überzeugungen in Zeiten von Bedrohung standhalten werden.

Und jetzt? Verharren wir also in Scham und Trauer? Stecken wir den Kopf in den Sand und trauen wir uns lieber nichts mehr zu, damit wir am Ende nicht versagen?

Nein, Simon Petrus ist trotz oder gerade wegen seines Scheiterns ein Vorbild – auch für uns. Wir erkennen durch ihn, dass wir uns nicht auf unsere vermeintliche Stärke und unseren Willen verlassen können. Aber wir dürfen uns mit all unseren Fehlern und Schwächen auf Gott verlassen, denn er wendet sich nicht von uns ab!

Wir erkennen, dass wir trotz guter Vorsätze, innerer oder äußerer Stärke, schwach sind und aus eigener Kraft nicht standhalten können. Im Lichte dieser Erkenntnis blicken wir erschüttert, bestürzt und beschämt auf Jesu Leiden und Sterben am Kreuz für uns. Jesus ist trotz unserer Unvollkommenheit voller Liebe für uns und vergibt uns. Er lässt uns nicht enttäuscht fallen, sondern er hilft uns wieder auf und traut uns etwas zu.

Und als Jesus nach der Auferstehung erneut auf Simon Petrus trifft, wird genau das überdeutlich, denn er überträgt Simon Petrus, der kläglich versagte und demütig dreimal seine Liebe zu Jesus bekennt, eine große Aufgabe. Er soll Jesus nachfolgen und selbst ein Hirte für die Gläubigen sein.

Es sind also weder Simon Petrus’ Stärke noch sein Glaube, die einen Fels aus ihm machen, sondern es sind die Liebe Jesu und die Gnade Gottes, die er erfährt. Und diese Erkenntnis lässt ihn in seiner Unvollkommenheit einen starken Fels werden.

Sandra Rösner

Fürbittengebet

Barmherziger Gott,
du Hoffnung und Leben,
du Trost für die Trauernden,
du Licht in der Dunkelheit.

In der Türkei und in Syrien weinen die Menschen, weil sie keine Hoffnung auf die Rettung ihrer Liebsten haben. Sie stehen buchstäblich vor den Trümmern ihres Lebens und wissen nicht weiter. Komm und bring Trost und Hoffnung.                                     
Höre uns und erbarme Dich.

Wir bitten dich, barmherziger Gott:
Schau auf die in Bedrängnissen, in Nöten, in Ängsten.
Seit einem Jahr dauert der Krieg in der Ukraine
und das Blutvergießen endet nicht. Menschen sterben, verlieren ihr Zuhause und wir stehen ratlos vor der Entscheidung, ob Waffen das Leid und den Krieg wirklich beenden.
Komm und schaffe Frieden.
Höre uns und erbarme dich.

Wir bitten dich, gerechter Gott:
Schau auf die Geschlagenen,
die unschuldig Verklagten,
die Verfolgten in Gefängnissen und Folterkellern.
Die Mächtigen scheuen den Mut der Furchtlosen und unterdrücken das freie Wort.                                                                                       
Wo wir schweigen, gib uns den Mut, die Stimme gegen die Unterdrückung von Frauen in Afghanistan und im Iran und wo immer Menschen für ihre freie Meinung leiden, zu erheben.
Komm und sei unser Anwalt.
Befreie die Unterdrückten.
Höre uns und erbarme dich.

Wir bitten dich, ewiger Gott:
Schau auf die Mühseligen und Beladenen,
von denen mehr erwartet wird,
als sie zu leisten vermögen.
Schau auf die, die Verantwortung für andere haben,
auf unsere Politikerinnen und Politiker
und ihren Einsatz für Gerechtigkeit.
Halte ihnen deine Gebote vor Herz und Augen.                                                    
Wo wir wegschauen, wenn Flüchtlinge an die Strände im Mittelmeer gespült werden, gib uns die Weitsicht, wie wir auf dieser Welt gemeinsam Deine Schöpfung teilen und bewahren.
Höre uns und erbarme dich.

Wir bitten dich, heiliger Gott:
Schau auf deine Gemeinde,
auf die Freundlichen,
auf die Begeisterten.
Schau auf uns und alle, die zu uns gehören,
auf unsere Kranken,
auf die Weinenden und die Lachenden.
Geleite uns durch die kommenden Wochen.

Komm und lass dich finden.
Durch Jesus Christus,
der für uns gelitten hat und uns Versöhnung schenkt, der uns Liebe schenkt, wo wir schwach sind.
Höre uns und erbarme dich.
Amen

Melanie Voigt