13.09.2020

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Allgemein

14. Sonntag nach Trinitatis – 13.09.2020

Text: Lk 19,1–10

Thema: Anerkennung

Ev. Emmausgemeinde Eppstein

Pfarrer Moritz Mittag

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

19,1 Und er ging nach Jericho hinein und zog hindurch. 2 Und siehe, da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. 3 Und er begehrte, Jesus zu sehen, wer er wäre, und konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt. 4 Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er durchkommen. 5 Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren. 6 Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden. 7 Da sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt.  8 Zachäus aber trat herzu und sprach zu dem Herrn: Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück. 9 Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist ein Sohn Abrahams. 10 Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.

Habt Ihr das gehört?

Zachäus, so einer, den man gerne mal übersieht,

so einer, der auf der falschen Seite steht,

Zöllner, also einer, der ans Geld seiner Mitmenschen will.

Wer mag so einen Kerl leiden?

Er kriegt’s zu spüren. Da hilft ihm auch sein Reichtum nichts. Die Leute sagen, das gehört ihm eigentlich nicht, das hat er uns abgenommen, weil er mit den Römern gemeinsame Sache macht.

Und jetzt fange ich an, mich zu wundern, traue meinen Augen nicht, wenn dem Gang der Geschichte folge.

Der kleine Mann, den andere beneiden, weil er so viel hat, den sie aber gleichzeitig keines Blickes würdigen, weil er keiner von ihnen ist, hat eine Sehnsucht.

Hast du auch eine Sehnsucht?

Wonach sehnst du dich? Was suchst du?

Zachäus hat eine Sehnsucht.

Wie heißt die?

Will er noch mehr kriegen? Nein, er hat genug?

Will er nur sehen, wer da kommt? Was soll’s? Den ganzen Tag sitzt er an der Straße uns sieht, wer kommt und geht.

Lukas sagt: „Er begehrte Jesus zu sehen, wer er wäre“.

Offenbar geht’s ihm nicht um die bloße Erscheinung, also darum, einen Blick auf den andern zu werfen. Er will wissen, wer der andere ist.

Ist der andere anders als die andern?

Hat er, anders als alle andern, etwas für mich übrig?

Wird er mich ansehen?

Zachäus treibt’s auf die Spitze. Er klettert auf einen Baum.

Das wirkt schon fast albern.

Aber es ist ihm ganz ernst.

Für seine Sehnsucht, zu sehen, wer der ist, der da kommt, nimmt er die Mühe auf sich und riskiert es, sich selbst lächerlich zu machen.

Seine Leidenschaft wird belohnt.

Jesus spricht ihn direkt an. Er soll runter kommen von seinem Baum, soll nach Hause gehen und ihn als Gast erwarten.

Runter auf die Erde und runter zur Gemeinschaft der Menschen, zu der er auch gehört. Runter von der Sonderrolle.

Und dann kommt Jesus und geht in das Haus des Außenseiters und genießt dessen Gastfreundschaft. Das Trennende übergeht Jesus. Er ist für jeden da, der nach ihm sucht. Dass er ausgerechnet zu Zachäus nach Hause kommt, ist ein starkes Signal an alle: „Der Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an.“ [1. Sam 16,7]

Wahrscheinlich haben die beiden und alle, die mitgekommen waren, miteinander gegessen und geteilt, was da war.

So sieht Gemeinschaft aus. So spürt man sie.

Wenn man zu Hause zusammen am Tisch sitzt, aber auch hier bei der Brückentafel, bei den kochenden Frauen, Männern und Jugendlichen. Gemeinsam essen, das ist ein Zeichen für gemeinsam leben; Essen teilen, Leben teilen, Freude teilen, Leid teilen, achtsam sein miteinander, damit jeder bekommt, was er braucht. Das ist Gemeinschaft, die man spürt.

Die macht stark.

Das merkt auch der kleine Zachäus, der jetzt seine große Stunde hat, weil er mit Jesus Brot und Wein teilen darf.

Ich stelle mir vor, wie er dann seinen Gast zur Tür begleitet, als der wieder weiterwill. Zachäus wirkt wie ausgewechselt. Als wäre er gewachsen. Er trägt den Kopf oben, hat sich aufgerichtet und die Schultern zurückgenommen. Es ist, als hätte Jesus das kleine Zachäus-Pflänzchen gegossen. Und es blüht auf.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.