Sexagesimae
Text: JEs 55,10-11
Thema: Im Einklang mit Gottes Wort
Barbara Lachmann
Ev. Emmausgemeinde Eppstein

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.

Seit Anfang der vergangenen Woche sind unsere Nachrichten voll von den Berichten und Bildern über das zerstörerische Erdbeben, das die Türkei und Syrien getroffen hat. Man sollte ja meinen, dass wir uns inzwischen an Krisenmeldungen gewöhnt hätten – sei es Krieg in der Ukraine, Corona oder Inflation. Aber irgendwie hat es mich in den letzten Tagen besonders bedrückt, das Elend der Betroffenen in den Erdbebengebieten zu sehen. Und ich habe schon gar kein Verständnis dafür, wenn einige wenige die Situation für ihre politischen Ziele auszunutzen versuchen oder dass Zoll- und Visabestimmungen schnelle Hilfe erschweren.

Und trotz der momentanen Betroffenheit ist auch dieses Erdbeben wieder ein Ereignis, das früher oder später in Vergessenheit geraten wird. Man wird noch eine Weile nach Ursachen suchen, aber ob es zu sinnvollen Konsequenzen führen wird, ist fraglich. Außerhalb der direkt betroffenen Gebiete gehen wir dann erstaunlich schnell wieder zur Tagesordnung über – so war es ja nun auch in der Vergangenheit bei ähnlichen Vorkommnissen, für die es zwar Ursachen geben mag, in denen aber oft kein Sinn zu erkennen ist. In der Regel versuchen wir solche Gegebenheiten zu verarbeiten oder mindestens zu akzeptieren, damit wir uns wieder dem Leben zuwenden können.

Umso wichtiger ist es, dem nachzugehen, was Bestand hat in unserem Leben und was uns vielleicht hilft, mit Schicksalsschlägen oder Krisensituationen besser umzugehen. Damit befinden wir uns durchaus in guter Gesellschaft:

Der Prophet Jesaja wurde nicht müde darin, seinen Mitmenschen immer wieder nahezubringen, dass Gott seinen Bund mit seinem Volk einhält – wenn auch nicht unbedingt nach menschlichen Vorstellungen. Immerhin hat es mehrere Generationen gedauert, bis die Israeliten aus der babylonischen Gefangenschaft zurückkehren konnten. Manche hatten sich in der neuen Umgebung arrangiert, spielten vielleicht auch mit dem Gedanken, sich den Gottheiten ihrer Exilregion zuzuwenden, um nicht mehr als Fremde zu gelten und damit mit Misstrauen betrachtet zu werden. Vorurteile gegen Anhänger anderer Religionen waren auch damals durchaus an der Tagesordnung.

In dieser Situation erinnert Jesaja an die vielen Situationen, in denen Gottes Wort sich als tragfähig erwiesen hat, und daran, dass Gottes Zusage beständig ist.

Dazu lesen wir in unserem heutige Predigttext[1]:

10 Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen zu säen und Brot zu essen, 11 so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende.

Gottes Wort kommt nicht mit Donnergetöse, sondern eher in leisen Tönen: es gleicht dem Regen, der die Erde fruchtbar macht, oder, wie wir es im Evangelium gehört haben, dem Samen, der auf fruchtbaren Boden fällt, wenn wir es zulassen. Um wirken zu können, muss Gottes Wort mit uns Menschen in Beziehung treten. Es muss in uns etwas auslösen, damit es auch in unserem Leben sichtbar wird, damit wir es weitertragen und vor allem auch unser Tun darauf ausrichten – damit es nicht leer zu Gott zurückkehrt. Ich verstehe das so, dass wir unser Leben an Gottes Geboten ausrichten und damit unseren Teil des Bundes, den er uns angeboten hat, erfüllen. Gottes Gebot, das uns nicht nur bei Mose, sondern auch in den Evangelien begegnet: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt und deinen Nächsten wie dich selbst.“ Wir wissen nicht, was Gott letztendlich mit uns vorhat, aber wir vertrauen darauf, dass wir ein befreites Leben haben, wenn wir uns auf ihn verlassen.

Nicht nur beim Propheten Jesaja, sondern an vielen Stellen im Alten Testament finden wir Zeugnis dafür, was Gottes Wort bewirken kann. Der Bund mit Gott hat Bestand, er gilt sogar dann, wenn der Mensch sich zeitweilig abgewandt hat – denken Sie zum Beispiel an den Tanz um das Goldene Kalb, von dem im Buch Mose berichtet wird. Gott lässt dem Menschen immer wieder die Möglichkeit zur Umkehr. Im Neuen Testament erhalten wir die Zusage, dass Gott seinen Bund mit uns durch Jesus Christus erneuert.

Im Vertrauen auf Gottes Wort und im Vertrauen auf die Botschaft des Evangeliums können wir unser Leben in seinem Sinne positiv gestalten, wenn wir denn dafür offen sind, und wir können es auch nach außen sichtbar werden lassen. Das wird sehr greifbar, wenn wir zum Beispiel in Krisensituationen versuchen zu helfen:

•          Wenn Geldspenden zusammenkommen, um Opfern von Klimakatastrophen zu helfen.

•          Wenn Sie Wachskerzen spenden für die Menschen in der Ukraine, damit sie Licht und Hoffnung erleben im Alltag des Krieges.

•          Wenn Rettungsteams in der Türkei oder in Syrien ihre ganze Kraft dafür einsetzen, Verschüttete zu retten, und wenn es dann zu kleinen Wundern kommt, wie wir sie in den letzten Tagen erleben durften.

Aber wir müssen gar nicht erst auf Krisen schauen. Im Einklang mit Gottes Wort agieren wir auch in unserer nächsten Umgebung:

•          Wenn wir Flüchtlingen helfen sich zu integrieren.

•          Wenn wir Einsame besuchen.

•          Wenn wir Leidende trösten.

•          Wenn wir in unserer Familie, in der Nachbarschaft oder unter Arbeitskollegen respektvoll miteinander umgehen.

Wie der Regen immer wieder kommt, so erreicht uns Gottes Wort immer wieder auf vielfältige Weise: Durch das Lesen in der Bibel, im Gottesdienst, in Liedern, durch ein spontanes Erleben oder auch durch einen anderen Menschen, der im richtigen Moment das richtige sagt oder tut.

Und das bringt uns zurück zum Wochenspruch, den wir am Anfang dieses Gottesdienstes gehört haben: „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.“ Seid offen, lasst euch ansprechen! Auch wenn wir vielleicht nicht direkt eine Veränderung erfahren, dürfen wir solche Anstöße in uns wachsen lassen. Ich wünsche uns, dass wir dafür aufnahmefähig bleiben.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


[1] Jes 55, 10-11